Wir haben uns nach Jahren mal wieder getroffen. Die Jungs… und ja, auch Mädels. Unsere alte Tischrunde. Alle ein bisschen grauer, ein bisschen müder, ein bisschen mehr Leben im Gepäck. Zehn Jahre – das ist ’ne verdammt lange Zeit. Erst war’s Smalltalk: Familie hier, Job da, dies und das. Und dann kam sie, die Erinnerungslawine. Die gute alte Zeit.
Unsere ersten Runden! Wie man direkt nach der Schule zum DM gerannt ist, den Ranzen in die Ecke gepfeffert hat und dann erst mal für drei, vier Stunden die Schwertküste oder die Dolchtäler aufgemischt hat. Die erste Kampagne – ey, die war einfach nur krass. Richtig geil.
Ich bin später dazugestoßen. D&D 3.0. Alle voll begeistert, vor allem der DM. Und ich dachte mir so: Moment mal – war das wirklich so super? Heute, mit ein paar Jahrzehnten Spielerfahrung, seh ich das alles ein bisschen anders. Ich bin der Einzige, der dem Hobby treu geblieben ist. Und rückblickend: Nee, so geil war’s nicht immer.
Meine erste Session? Da hat mich keiner gefragt, was ich spielen will. Nimm halt ’nen Krieger, ist einfacher. Und ich so: Okay…
Hatte eh keine Ahnung von nix. Klassen, Rassen – war alles nur vage in meinem Kopf. Keine Session Zero, keine Einsteigerabenteuer, von Safety Tools ganz zu schweigen. War halt wüst. Und nicht im coolen, kreativen Sinne wie früher bei AD&D als die anderen einfach ohne Plan gespielt hatten, wo Impro angesagt war. Nee, eher so Kopf-chaotisch, wo alles irgendwie geregelt war, aber auf eine eigene Art.
Alle geil auf Regeln, jeder wollte den dicksten Move. Hauptsache, der eigene Charakter war krasser als der vom Nachbarn. Regelerweiterung? Klar, wenn du das Buch hattest, war alles erlaubt. Vertrauen war das A und O – der Spielleiter hat sich nur um die Welt gekümmert, der Rest? Joa, lief halt irgendwie. Die Abenteuer? Meh. Vorbereitung? Kaum. Arbeitsteilung? Fehlanzeige.
Aber ich bin geblieben. Bis die Runde zerbröselte. Klassisch: Familie, Job, dies/das. Für mich war das damals ’ne Art Rettungsanker. Andere gingen am Wochenende in Clubs, ich hockte mit den Jungs (und später auch den Mädels) im Keller.
Diese erste Begegnung mit dem Hobby – die hätte mich auch für immer abschrecken können. Hat sie aber nicht. Stattdessen hab ich mir das Regelwerk geschnappt und reingekniet.
Und trotzdem frag ich mich manchmal: Waren diese ersten, magischen Erlebnisse wirklich so toll? Oder ist das einfach nostalgisch verklärt? Vielleicht ist es auch der Zeitgeist. Ob man jetzt alter Hase ist oder neu im Hobby, ob man über Dragonlance reingekommen ist oder über Critical Role – das prägt. Ich quatsche gern mit Leuten, die ungefähr zur gleichen Zeit angefangen haben oder noch früher. Manche erzählen von diesen goldenen Tagen, andere nicken verständnisvoll. Und alle haben ihre Story.
Wichtig ist doch: Wir sind drangeblieben.
Heute, dank Webcommunity und Online-Runden, kann ich mehr zocken als je zuvor. Ich lerne ständig was Neues, treffe coole Leute, tausche mich aus. Vielleicht wirkt mein Urteil über die chaotischen Anfänge heute härter, als es war. Klar hatte ich Spaß. Klar war’s ’ne gute Zeit. Aber heute? Heute ist’s trotzdem besser.