Die letzte Sitzung der Masken des Nyarlathotep-Kampagne ist vorbei. Schluss, Ende, aus die Maus.
Ich blicke auf die vergangenen 18 Monate mit gemischten Gefühlen zurück. Eigentlich hatte ich mir schon länger eine klare Meinung gebildet – und die möchte ich hier teilen. Das ist ausdrücklich meine persönliche Sicht und alles Folgende enthält Spoiler. Wer die Kampagne noch spielen will, sollte hier besser nicht weiterlesen.
Zu viel Information
Die Kampagne umfasst rund 610 Seiten (ohne Anhänge). Darin finden sich Nebenszenarien, Hintergrundeinschübe und unzählige NSC-Blöcke, die bereits im ersten Buch angeteasert wurden. In Summe gibt es gefühlt 150 NSC – viele davon sind letztlich kaum mehr als Hinweisgeber. Natürlich kann man das alles als Ideenschatz nutzen, aber ich bevorzuge beim Leiten eine einfache Struktur: Ort – wichtige Personen – Hinweise.
Ich weiß, anderen ist das zu wenig. Für mich funktioniert es so besser, und das ist vielleicht wichtig zu wissen, um meine Kritik einordnen zu können.
Spannend fand ich in diesem Zusammenhang einen Vortrag von Seba vom Kritischen Fehlschlag zum Thema Textökonomie. Mir tat es gut zu hören, dass auch andere Prosa in Regelwerken und Szenarien eher als störend empfinden. Für mich sind das eben einfach nur Gebrauchstexte.
Schon die Vorbereitung war daher mühsam. Zwar gibt es Übersichtsgrafiken für die Hinweise, aber die versteht man erst, wenn man das jeweilige Kapitel gelesen hat.
Flache Story
Der Aufhänger: Ein gemeinsamer Freund wird vor den Augen der Ermittler ermordet. Im Hotelzimmer finden sie einen Stapel Hinweise, die rund um die Welt führen. Der Ermordete arbeitete gerade an einem Buch, also sucht man vielleicht den Verleger auf – dort erfährt man, dass er Überlebende einer eigentlich verschollenen Expedition gefunden haben wollte.
Es gibt natürlich Variationen, vielleicht findet man seine Leiche, geht zu erst zu Polizei etc. Aber im Allgemeinen beginnt so die Kampagne. Das ist der Einstieg. Danach folgen sechs Kapitel, die sich stark ähneln: Ankommen, Hinweisen folgen, Kult aufspüren, Anführer ausschalten.
Im Finale geht es dann darum, dass einer der Expeditionsteilnehmer wahnsinnig geworden ist und durch einen Riss im Himmel Nyarlathotep auf die Erde holen will. Das war der ganze Plan.
Das ist nicht grundsätzlich schlecht – Cthulhu funktioniert oft so, und es gibt viel Raum für Rollenspiel. Aber für mich hat sich gezeigt: Eine Kampagne mit so starkem Ermittlungsfokus zu leiten, macht mir wenig Spaß. Die Geschichte selbst bot mir zu wenig Abwechslung. Ich habe in der Vorbereitung großen Wert darauf gelegt, wirklich alle Hinweise und NSC im Blick zu behalten, um meinen Spielern das volle Erlebnis zu bieten. Doch sobald die Gruppe an Dingen vorbeiging, kam die Ernüchterung.
Zur Klarstellung: Die Runde selbst war großartig, mit allen Spielern hatte ich viel Freude. Sonst hätte ich vermutlich abgebrochen. Aber die Kampagne verlangt viel Eigeninitiative der Spieler, während ich als Keeper bestimmte Hinweise unterbringen musste. Letztlich habe ich einfach zu viel vorbereitet, für das was dann wirklich gespielt wurde.
Selbstreflexion
Ich hatte zu viel Ehrfurcht vor den Masken. Jeder bezeichnet sie als die Kampagne schlechthin. Ich hatte sie schon zweimal begonnen – einmal als Leiter, einmal als Spieler – und beide Versuche scheiterten früh. Beim dritten Mal wollte ich es unbedingt durchziehen, mit voller Intensität. Wahrscheinlich hätte ich von Anfang an so leiten sollen, wie ich es sonst tue: Das Material auf meine Art zurechtstutzen. Erst gegen Ende habe ich das beherzigt, und da lief es auch gleich besser. Aber das ist bei der Größe der Kampagne sehr viel Arbeit.
Pulp: Ja oder Nein?
Die Pulp-Regeln wirkten anfangs sehr reizvoll. Am Ende blieben für uns praktisch zwei relevante Änderungen: Doppelte Lebenspunkte und Glücksregeln. Dem Tod ein Schnippchen schlagen war beliebt und sorgte für einige schöne Momente. Der Rest ging im Spielalltag schnell unter.
Fazit
Würde ich die Kampagne noch einmal leiten?
Nein. Selbst mit Kürzungen wäre es für mich weniger Aufwand, eine eigene Kampagne mit ähnlichem Aufhänger zu schreiben.
Würde ich sie empfehlen?
Zum Spielen: Ja, wenn man die Chance hat – auf jeden Fall.
Zum Leiten: Nur, wenn man Lust hat, sich durch eine Textflut zu arbeiten und Spaß an investigativen Strukturen hat.
Die Story selbst ist dünn, und die Ermittler müssen stark motiviert sein. Wenn man sich ständig fragen muss, warum der Charakter schon wieder irgendwohin reist, kann die Motivation kippen. Am meisten trägt das Rollenspiel innerhalb der Gruppe zum Erlebnis bei – ohne das fällt vieles flach. Wie aber immer im Pen&Paper.

