25 Jahre Pen&Paper

In diesem Jahr feiere ich ein Jubiläum: Seit 25 Jahren spiele ich Pen & Paper. Es muss ungefähr um diese Jahreszeit gewesen sein, als ich damit angefangen habe – ganz genau weiß ich es aber nicht mehr.

Heute soll es jedoch nicht um Nostalgie gehen, zumindest nicht direkt. Vielmehr möchte ich darüber nachdenken, wie sich das Hobby verändert hat – und ganz besonders: wie sich die Kommunikation darüber gewandelt hat.

Eine kleine Anekdote dazu: Anfang der 90er war ich auf einem Geburtstag eingeladen. Der Gastgeber hatte eine DSA-Box geschenkt bekommen und fragte, ob wir das ausprobieren wollten. Die meisten von uns kannten das Spiel nicht und entschieden uns für etwas anderes – schließlich sah es für uns nach einem Brettspiel aus. (Manchmal frage ich mich, wie mein Leben verlaufen wäre, wenn ich damals schon eingestiegen wäre – und dann noch mit DSA.)


90s Style

Ich glaube, das war in den 90ern ein typischer Einstieg: Ein Freund hatte eine Box, versammelte seine Clique um sich und los gings. Werbung für DSA oder D&D habe ich damals nie gesehen. Rollenspielläden gab es auf dem Land ohnehin nicht. Vielleicht hatte man ältere Geschwister, die einen auf Pen & Paper brachten – das war’s.

Mein eigener Einstieg verlief etwas später. Mein erstes Regelwerk bestellte ich mir in der Buchhandlung. Würfel? Es gab die üblichen weißen Sechsseiter mit Punkten. Wenn man Glück hatte, stand irgendwo ein Glas mit ein paar bunten Würfeln. Das war um das Jahr 2000. Wir hatten mittlerweile alle Führerscheine und konnten in die nächste größere Stadt fahren, wo es endlich ein Fachgeschäft gab – eine Offenbarung.

Natürlich existierte das Internet bereits, aber ehrlich gesagt weiß ich nicht mehr, ob es schon Seiten, Blogs oder Foren zum Thema gab.
Für Hinweise bin ich dankbar – es würde mich interessieren.
Und für die Jüngeren: YouTube ging erst 2005 online.

Die Anfänge der sozialen Netzwerke

Springen wir ein Stück weiter, nach 2010 und die folgenden Jahre. Bis dahin lief alles mehr oder weniger analog. Weniger, weil wir unsere Gruppe schon über Facebook organisierten und irgendwann sogar eine gemeinsame Kasse über Google führten. Das Netz bot uns Werkzeuge, aber wir nutzten sie eher praktisch, nicht um über das Hobby mit anderen zu kommunizieren.

Gleichzeitig gab es allerdings schon immer mehr Möglichkeiten, sich mit anderen Spielern auszutauschen. Das Tanelorn Forum startete 2007 (mit einem Vorgänger bereits vorher), und ich erinnere mich, dass ich im alten Cthulhu Forum ein wenig aktiv war, bevor es in das Pegasus Forum überging. Foren waren aber nie so ganz meine Welt – sie wurden mir oft zu technisch.

Bis dahin beschränkte sich meine Erfahrung auf meine eigene Runde. Der erste große Impuls von außen kam durch ein Acquisitions Inc.-Video mit Chris Perkins als Spielleiter. Danach sog ich alles von ihm auf wie ein Schwamm (Memo an mich: Formulierung vor dem Veröffentlichen ändern). Ab da begann ich, mein Spiel zu reflektieren und zu vergleichen. Ich kaufte mir die Bücher Spielleiten von Dominic Wäsch und Robin D. Laws’ Gutes Spielleiten und las zunehmend Blogs.

2012 startete ich meinen eigenen Blog (gelbe-zeichen.eu), um Spielhilfen zu veröffentlichen, die ich ohnehin für meine Gruppe erstellt hatte – hauptsächlich zu Cthulhu und Pathfinder. Es gab damals bereits unzählige Blogs. RSP-Blogs listete die ersten Einträge schon 2001. Durch Aktionen wie den Karneval der Rollenspielblogs vernetzte man sich. Goldene Zeiten.

Netzwerke: Facebook, Twitter, Google+

Um 2010 gab es drei relevante Netzwerke. Facebook war der Einstieg, wurde mir aber bald zu einem Netz im Netz – eine Welt für sich, die mir irgendwann nicht mehr gefiel.

Twitter war für Blogger ideal: Man konnte neue Artikel teilen, die Posts anderer lesen und unkompliziert ins Gespräch kommen. Tiefe Diskussionen verhinderten allerdings die Zeichenlimits. Die führte man dann bestenfalls mit Blogposts und Kommentaren.

Und dann war da Google+: das wohl merkwürdigste, aber zugleich vielseitigste Netzwerk. Es verband Texte mit Hangouts (Videocalls) und anderen Google Gedöns. Ein bisschen wie Discord, nur altbackener – und mit denselben Datenschutzproblemen.

Das Ende der fetten Jahre

Ab 2016 setzte das Blogsterben ein. Ein wesentlicher Grund war die DSGVO. Viele sahen den Aufwand für rechtssicheren Betrieb als zu groß an und gaben auf. Das habe ich besonders gemerkt, als ich meinen alten Blog wieder online stellte: Eine Flut an toten Links. Daran arbeite ich bis heute.
Und dann stellte Google+ 2019 endgültig den Betrieb ein – ein herber Schlag. Insgesamt waren damit nicht nur viele Blogs verschwunden, sondern auch ein zentraler Treffpunkt der Szene. Auf der Suche nach Alternativen probierte ich (und viele weitere) eine Menge krudes Zeug aus, zeitweise sogar MeWe.

2020 stellte ich meinen Blog endgültig ein, nachdem ich schon länger kaum noch gepostet hatte. Auf Twitter hielt ich mich noch eine Weile. Auch hier muss man sagen, selbst vor Musk war die Plattform längst nicht mehr das, was sie mal war.

Gegenwart

Mit meinem Roll20 Konto betrat ich 2022 eine andere Welt. Zu der Zeit gab es unzählige online Runden, auch auf Deutsch und das sogar kostenlos. Die Organisation lief über Discord. Da ich mich 2020 zurückgezogen hatte, nicht nur vom Bloggen auch vom Hobby an sich, habe ich die ersten beiden Pandemie Jahre nicht auf den Schirm, zumindest nicht rollenspielerisch. Diese Zeit war wohl von ziemlichen Wachstum für VTTs und Discord geprägt.

Discord

Discord kannte ich noch aus den guten alten WoW-Zeiten – damals mochte ich es nicht und die Abneigung besteht immer noch. Doch die Rollenspielcommunity war dort groß und aktiv, auch wenn sie sich auf viele Server verteilte. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Der Vorteil: Man erreicht mit wenigen Klicks andere Communities. Die Kehrseite: Zerfaserung. Discord ist für mich ein notwendiges Übel – sehr komfortabel, aber kommerziell und längst zur Cash Cow geworden.

Was mich nervt, ist das ständige Rauschen: Belanglose Hallo– und Guten Morgen-Posts, zwischen denen Diskussionen untergehen. Das Problem sind nicht diese Posts an sich sondern, dass Discord ein Chatprogram ist. Die Einführung der Foren ist eigentlich ein Rückschritt für Discord, um so etwas wie geordnete Diskussionen an einen Ort zu sammeln. Früher war nicht alles besser, das will mich damit nicht sagen, Google+ war im Prinzip genau so ein Chaos um bestimmte Dinge wiederzufinden und Foren? Da komme ich jetzt zu.

Foren und Blogs

Eigentlich sind Foren ideale Orte für Rollenspielbegeisterte: Geordnete Diskussionen, kein Hintergrundrauschen, längere Beiträge und einen Archivcharakter. Gleichzeitig schrecken gerade diese Eigenschaften Neulinge ab: Zu langatmig, zu viele Haarspaltereien, zu oft der Verweis auf alte Threads.

Zu diesem Thema gab es schon 1.000 Diskussionen

oder auch

In diesem Forum wird keine Nekromantie betrieben, mach gefälligst einen neuen Thread auf

Und warum heutzutage überhaupt Foren, wenn ohnehin alle die Sprachkanäle auf Discord nutzen?

Blogs wiederum können ein Knotenpunkt sein. Sie holen Ideen und Diskussionen aus den eigenen Kreisen heraus und stellen sie vor. Ich habe das damals mit meinem Blogwatch versucht. Am Ende wurde es aber mühsam: weniger Blogs, weniger Leser, weniger Feedback.

Heute lese ich nach fast fünf Jahren Pause wieder vermehrt Blogs – nicht zuletzt, weil ich selbst wieder schreibe. Spannend ist die Frage: Wie hat sich die Szene verändert, wie viele Blogs gibt es noch?

Ein Hinweis in eigener Sache: Neben RSP-Blogs gibt es inzwischen WE20 – mit einem neuen Aggregator, gepflegt vom Seitenbetreiber Paul und mir. Der Blog Watch soll mehr als nur Einzeiler erhalten und Artikel der Community präsentieren, die relevant sind. Darüber hinaus gibt es nützliche Werkzeuge: eine Rundensuche, einen Con-Kalender, eine Discord-Liste und ein Gewinnspiel für Spielleiter.

Das Ganze ist nicht kommerziell und soll Spieler vernetzen, die an verschiedenen Ecken des Netzes unterwegs sind. Und darum geht es, WE20 ist eine Seite mit nützlichen und plattformunabhängigen Hilfsmitteln, unabhängig von einem einzigen Discord Server und generell von Discord. Will man Teamspeak, Skype oder FaceTime nutzen? Go for it.
Werbung Ende.

Fazit

Was habe ich in 25 Jahren gelernt? Alles ist im Wandel: Editionen, Begriffe, Kommunikationswege. Aber Beständigkeit hat ihren Wert. Viele möchten mit alten Bekannten in Kontakt bleiben und legen mehr Wert aufs Spielen als auf Plattformen. Deshalb glaube ich, dass Blogs und Foren auch weiterhin ihren Platz in der Pen&Paper Community haben werden. Und wenn sie nur ein vertraute Orte im Chaos des Netzes ist.

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